Liebe Freundinnen und Freunde Sanko-ji!

Schlagartig änderte sich am Wochenende das Wetter von Hochsommer zu Herbst. Es stürmte, schüttete und flockte…Schön zeigt uns die Natur immer wieder das Überraschende und Unerwartete! Immer wieder versuche ich meinen Alltag zu planen und möglichst viele der anstehende Dinge zu organisieren, dies alles obwohl ich aus der Arbeit mit Menschen und mit der Natur weiss, dass dieses Ansinnen unmöglich ist. Es ist schwer Mensch zu sein und Buddha:-).

Inzwischen wurde der Beitrag über Gyoriki in der Zenklause ausgestrahlt. Dem SWR und seinem Team ist es nicht so schlecht gelungen, ein kleines unterhaltsames Filmchen (ca. 6 min) im Vorabendprogramm zu lancieren. Ihr könnt es auf der Homepage anschauen oder unten der YouTube-link.

Direkte Resonanz darauf gab es in sofern, dass eines Tages ein paar Zabutons, Zafus, Sitzbänke vor der Tür lagen. Danke dem Spender. Wer etwas davon brauchen kann, bitte melden.

Die Bauarbeiten auf dem Dach stocken leider aufgrund betriebsbedingter Gründe (Krankheiten) und mangelnder Planung (Dachfenster landesweit ausverkauft)… das Dach nur notdürftig gesichert. Sehr spannend die Zazenmatinee am Samstag, die ich, wie sooft in diesen Zeiten, alleine sass, inmitten von Sturm und kräftigem Starkregen und der Sorge um Haus und Dach. Sieben Stunden “Einfach sein” im tosenden Lärm des Regens und Windes, der flatternden Plane, inmitten … mit allem was da zu gehört…in und ausserhalb des Geistes, Körpers … unbeweglich zumindest in der Haltung:-)…sehr gute Übung! Diese Übung wird wohl noch länger gehen…schön!

Der Herbst mit schlechtem Wetter lässt hier oben im Schwarzwald alle mehr zur Ruhe kommen. Der jahreszeitliche, natürliche Rhythmus bedingt dies, …mehr Dunkelheit, am Ofen sitzen, Zeit zum Lesen und Schreiben haben, die Quitten noch zur rechten Zeit einkochen, Steinpilzzeit, Nüsse sammeln und trockenen, der nun wieder stille Wald nimmt mit viel Geduld den Lärm des Holzarbeiters an und entzückt ihn mit schönen Stimmungen, wie nur der Herbst das kann…. Ich möchte die Jahreszeiten nicht missen.

Die nächste Veranstaltungen hier in der Zenklause sind das Naikan im Oktober/November im Anschluss dann der “Höhepunkt” des Sesshinjahres – das Rohatsu!

Eine Anmeldung zeigt, diese Jahr werde ich nicht alleine sitzen. Rohatsu… Totales Sitzen, totale Entspannung…über alles hinausgehend.. total Buddha!

Viele denken: 14 Stunden/Tag sitzen, das ist extrem! Besser ich geh zu denen, da hab ich ein Einzelzimmer, da kann ich mich austauschen, mich erholen. Die haben Buffet, da ist ein grosser Meister! Ich leide und mache doch schon so viel für Familie und die Welt und nun soll ich freiwillig nachmehr leiden! Ah und ausserdem hab ich Knie!”

Sind wir etwas Besseres deswegen, weil wir simpel unserer überlieferten Praxis unserer Lehrer folgen. Sicher nicht! …. doch gibt es viele Menschen, die aus körperlichen oder geistigen Gründen nicht zu so einer Praxis in der Lage sind. Insofern können wir uns besonders glücklich schätzen, auf das Dharma gestossen zu sein und es sogar praktizieren zu können. Dafür sollten wir dankbar sein, aber sicher nicht stolz oder gar arrogant. Sondern “Normal”! Unsere Praxis ist es ja, sie immer während in Frage zu stellen, da wäre kein Platz für besser oder höher. Auf der anderen Seite befinden wir unsere Praxis nach Überprüfung für völlig korrekt, dann werden Lob und Tadel anderer ohne Bedeutung sein. Wir dürfen unseren Geist folglich nicht nach Aussen richten, müssen uns nicht fragen, was denken sie über uns? Und brauchen nicht nach Gewinn und Anerkennung streben.

“Nun kommt kein Schwein, keine Sau ruft mich an”…. soll man in Sanko-ji diese uralte Praxis aufweichen, soll man sich anpassen an den Wandel der Gesellschaft, den Bedürfnissen des modernen Menschen?` …Der moderne Mensch an sich, wie ich ihn erlebe, ist sehr beschäftigt wieder in Kontakt mit seinen Gefühlen zu kommen und auf sich und seinen Körper zu hören. Die ist sicher gut. Doch er hat grosse Sorge um seine Zukunft bei gleichzeitiger maximaler Bedürfnisbefriedigung plus Personal Fitting. (Das bietet Zazen genau nicht!) Damit ist er vollends beschäftigt. Das eigene Erleben drängt in Vordergrund und so auch Ängste, die vielleicht nichts anderes sind als die Sorge, dass ich “meine” Bedürfnisse nicht befriedigen kann. Gefühle als Ratgeber?! Gibt es in unserer Gesellschaft ein Recht auf Reisen, auf Party, gute Gefühle, die perfekte Nahrung… . Fragt man nach, warum möchtest du in die Ferien nach Griechenland fliegen, bekommt man die Antwort, weil ich es will, brauche, ich muss hier weg, ich habs verdient! Die meisten Menschen wissen nicht einmal, warum sie handeln. Ich hab Bock auf Party…so reden Kinder. Wie redet und handelt der spirituelle Erwachsene? Wissen wir nicht aus der Resilienzforschung, dass gerade das Meistern schwierigere Aufgaben hier und jetzt uns stark und glücklich machen!?

In einem Zengedicht heisst auch:

“Wer das “Hier” flieht, um das “Anderswo” zu finden, der brütet ohne Unterlass “morgen” aus. Anderswo existiert nicht”

“Stille Einkehr, heitere Einfachheit” heisst es im Shodoka. Kodo Sawaki schreibt dazu:

“Kein Geräusch erreicht die Person, die in rechter Haltung sitzt, bei der die Knie auf den Boden gedrückt sind. Die Menschen sind ständig am Machen. Sie benehmen sich, als würden von allen Seiten Feuerwerkskörper abgeschossen, als wüssten sie nicht wohin mit sich… “Ich habe keine Zeit… ich bin sehr beschäftigt… ich bin ausgelastet” ihr Kopf ist voller Widersprüche und sie nehmen sich nie die Zeit, das in Ordnung zu bringen. Je komplizierter die Welt wird, desto wichtiger wird es, sie zu vereinfachen, zu vereinen und ihre grundlegende Einheit wiederzuentdecken. …

…Ich sitze friedlich und sorglos in meiner bescheidenen Bleibe. Stille Einkehr und heitere Einfachheit. Sawaki isst, um Zazen zu machen, er schert sich das Haupt und trägt die okesa, um seinem Zazen mehr Kraft zu geben. Das ist alles. Er praktiziert Zazen und bringt andere dazu Zazen zu üben. Er besitzt nur einfache, unverzichtbare Dinge. der Rest ist nur Geschwätz, selbst wenn man ein Jahr oder Jahrhunderte drüber redet.”

Ja, aber …wird da mancher sagen, ich muss doch die Welt retten, Co2-Ausstoss, Menschenrechte, Trump-USA, Corona und v.a. Mitgefühl praktizieren, ich … und der hat gesagt und jener jenes, dass…!….ihr Kopf ist voller Widersprüche…was ist wirklich wichtig, ganz tief wichtig, essentiell in unserem Leben? Wer nimmt sich die Zeit dazu dies wirklich festzustellen?

Dogen sagt im Fukanzazengi: “Halte alle Bewegungen des bewussten Denkens an, stoppe die Funktion deiner Intelligenz, lass den Gedanken fallen. ein Buddha zu werden.”

Soll man also sich den Gegebenheiten der Gesellschaft, des Menschen anpassen…hier in Sanko-ji finden wir, dass wir hier das grosse Glück haben Zen und Naikan in seiner klassischen Form zu praktizieren weiter zu geben. Natürlich machen wir finanziellen Verlust, natürlich können wir nicht viele Jahre so weiter machen. Wir brauchen uns weder dem ökonomischen Druck und den Winden der Gesellschaft (Kodo Sawaki würde “Fürze” sagen, hahaha) beugen. Noch müssen wir nicht um euer Money betteln! So wie das Kesa wollen wir die Shikantazapraxis solange praktizieren und weitergeben bis wieder mehr Menschen in dieser Welt erscheinen, die das “verborgene Juwel” in Ihnen erkennen. Mein Wunsch wäre, dass mindestens eine Person Sanko-ji weiterführt. Niemand weiss dies aber….wir machen weiter so lange es geht…mit voller Energie und im tiefen Wissen….” Man braucht nur eine Sache im Kopf behalten: In der Stille jede Aufregung meidend, müssen wir unsere einzigartige und schlichte Mission erfüllen. Ich sitze friedlich und sorglos in meiner bescheidenen Bleibe. Stille Einkehr, heitere Gelassenheit.” Kodo Sawaki

Hahaha…das ist lustiger, besser, spannender und sinnvoller als du jemals denken könntest. Und das Staunen:”Das bin Ich!? und wie unbedeutend bin ich?! hört nie auf!

In diesem Sinne gutes Staunen auf eurem Weg!

Würde mich freuen mal wieder mit euch Körper an Körper, Geist an Geist zu praktizieren. “Den Vorgaben der staatlichen Covid 19 Regelungen wird hier bestmöglich gefolgt”

Herzlichst und in tiefen Gassho

Gyoriki