Man könnte  sagen “Naikan ist sich von der Vergangenheit befreien.” und dies geschieht durch den Akt der Vergebung. Die Vergebung ist der dritte Pfeiler des Naikan und die Befreiungstat, die uns letztendlich würdiger und freudiger weiterleben lässt. 
Durch die Vergebung und möglicherweise auch Versöhnung können wir die Altlasten in den Beziehungen zu unseren wichtigsten Bezugspersonen fachgerecht entsorgen. Dies geschieht meist unwillkürlich innerhalb der Naikanwoche, in dem wir uns den drei Fragen offen und ehrlich stellen. Neben der Klarheit und der Akzeptanz  dessen was wirklich war (1. Pfeiler des Naikan), spielt natürlich auch der zweite Pfeiler Naikans, die Dankbarkeit, hierbei  eine wichtige Rolle. 
 
 
“ Im Gefängnis sitzen nicht unbedingt die schlimmsten Menschen ”
 
Durch Naikan können wir erkennen, dass die Tat und der Täter getrennt angeschaut werden sollten. In unserer westlichen Gesellschaft wird die böse Tat (Prügeln, Missbrauch) beispielsweise des Vaters oft gleichgesetzt mit die Person/ der Täter ist ein böser Mensch, ein schlechter Vater. Dem ist aber nicht so, kein Mensch ist durch und durch schlecht. Auf unserer Reise durch unsere persönlichen Vergangenheit mithilfe der drei Fragen erfahren wir, dass der Vater immer wieder etwas für uns getan hatte, dass er nicht immer prügelte, sondern beispielsweise nur im Suff. In dem Masse wie wir zwischen Tat und Täter einen Raum öffnen, können Hass und Wut und Scham entweichen. Natürlich nur, wenn wir dies wollen. Vergeben heisst nicht vergessen – die schreckliche Tat – er hatte uns regelmässig verprügelt – war geschehen, auch wenn sie lange her ist – dies ist eine Tatsache.
 
 
Im Buch der Freude sagt der Dalai Lama: “Wir müssen einen wichtigen Unterschied zwischen Tat und Täter machen. Bei der falschen Tat kann es notwendig sein, möglichst wirksame Gegenmassnahmen zu treffen, um sie zu beenden. Was den Täter betrifft, kann man sich jedoch dafür entscheiden, weder Wut noch Hass zu entwickeln. Darin besteht die Macht der Vergebung, die Menschlichkeit des Täters nicht aus den Augen verlieren, während man Unrecht mit Klarheit und Festigkeit entgegen tritt.”
 
 
Es heisst auch nicht, dass die Person nicht nach dem Strafgesetzbuch für ihre Taten verurteilt werden sollte. Sondern, kann ich der Person, die mir das Schlimme angetan hat vergeben? Kann ich erfahren, das dieser Mensch deswegen kein “Monster” ist. Kann ich erkennen, dass dieser Mensch vielleicht selber Opfer von Missbrauch, Gewalt war, dass er eine psychische Störung hatte oder einfach nur alkoholabhängig und dies ihn immer zu diesen Taten trieb. Kann ich erkennen, dass die Person nicht ‘sie selbst war’, als sie diese Taten tat?  Kann ich auf diesen Menschen zu gehen und ihm verzeihen und mich aussöhnen? Wenn ja, dann macht Vergebung unendlich stark. Ein neues Leben beginnt. Das unerträgliche Gefühl ohnmächtig und Opfer gewesen zu sein verschwindet.
 
“Vergebung ist die einzige Möglichkeit uns zu heilen und uns von der Vergangenheit zu befreien” Erzbischof Desmond Tutu
 
Bewundern wir nicht alle die Menschen, die ihren Peinigern, den Mördern vergeben?  
 
Übrigens zeigten wissenschaftliche Studien das Unversöhnlichkeit krank macht und Vergebende tendenziell gesünder sind.